An der Schule an der ich arbeite, gibt es Klassen, die in Gänze mit IPads ausgestattet wurden. In diesen Klassen sind die Kolleg:innen angehalten möglichst nur digital zu arbeiten. Auch in meinem Unterricht brauche ich nichts mehr kopieren, sondern kann Arbeitsbögen digital zur Verfügung stellen.
Die Geräte, die die Schule geliefert hat, habe alle eine Hülle mit einer integrierten Tastatur und dennoch schreiben die Schüler:innen in meinem Unterricht, wenn es um Textproduktion geht, mit einem Stift.
Tippen oder mit dem Stift schreiben?
Im Unterricht ist es mir egal, wie die Schüler:innen mitschreiben und welche Software sie benutzen. Einige tippen viel mit und nutzen die Apple-Notizen. Andere nutzen Notability oder Goodnotes und sind damit zufrieden.
Sollten die Schüler:innen mir etwas abgeben müssen, also einen Text, den ich korrigiere oder mit den Schülerinnen und Schüler ins Gespräch gehe, dann werden diese Dinge mit den Stift geschrieben — gerne auch auf dem Tablett, aber mit dem Stift. Das gibt immer mal wieder Diskussionen mit den Schüler:innen, warum sie nicht einfach etwas tippen dürfen.
Nach hinten raus …
Alle Abschlussarbeiten, die in den Bildungsgängen in denen ich arbeite, werden mit einem Stift auf Papier geschrieben. Teilweise bis zu 5 Zeitstunden. Auf der einen Seite müssen die Schülerinnen und Schüler die Muskelgruppen trainieren, die sie diese Aufgabe bewerkstelligen lassen. Auf der anderen Seite ist das Arbeiten mit Papier und Stift, ein anderes, als mit einer Tastatur.
Das Gehirn arbeitet doch anders.
Wenn ich einen Text am Rechner schreiben, dann weiß ich genau, dass ich zunächst in die Tasten haue und dann im folgenden Schritt das Ganze überarbeiten kann. Ich kann Formulierungen anpassen, Sätze kürzen, aus Satzgefügen einzelne Sätze machen ganze Absätze verschieben uns so weiter. Während des Schreibens entwickelt sich die Struktur des Textes und die Gedanken können diesem folgen.
Wenn ich einen längeren Text mit der Hand schreibe — was selten vorkommt — dann muss ich diesen zumindest vordenken, bevor ich ihn aufs Papier bringe. Das heißt, die Denkarbeit muss stattfinden, bevor ich in die Textproduktion gehe. Beim Schreiben mit Tastatur findet dieser Prozess gleichzeitig statt.
Beides hat seinen Reiz
Ich kann und will gar nicht beurteilen, welche Art des Schreibens die bessere ist. Fakt ist nur, dass wir unterschiedlich denken und sich ein Text unterschiedlich entwickelt.
Damit die Schülerinnen und Schüler, dann wenn Sie einen linearen Text mit Stift und Papier herstellen können, müssen sie das trainieren. Das geht bestimmt am besten, wenn sie mit Papier und Stift arbeiten. Wenn sie aber digital arbeiten wollen, dann müssen solche Texte eben mit einem Stift in das Tablett geschrieben werden.
Fazit
Viele wünschen sich, dass die Arbeiten auch getippt werden können, aber solange das nicht möglich ist oder nur als Nachteilsausgleich herangezogen werden kann, sehe ich mich gezwungen, die Schülerinnen und Schüler unter Anderem auf das vorzubereiten, was da in der Abschlussprüfung auf sie zu kommt. Und da ist die Handschrift eben noch immer wichtig.
„Wenn ich einen längeren Text mit der Hand schreibe — was selten vorkommt — dann muss ich diesen zumindest VORDENKEN, bevor ich ihn aufs Papier bringe. Das heißt, die Denkarbeit muss stattfinden, bevor ich in die Textproduktion gehe.“
Warum muss ich einen handgeschriebenen Text gründlicher „vordenken“, als einen getippten?
Um handschriftliche, „unschöne“ Korrekturen zu vermeiden? In offiziellem Zusammenhang – zum Beispiel bei einer Prüfung – ist das naheliegend.
Wenn ich in mein Tagebuch schreibe, versuche ich – meistens – so unvorbereitet wie möglich zu sein, dann wird das Ergebnis „freier“ –
hin und wieder bin ich echt überrascht, dass da dann etwas steht, das fast nichts mehr mit dem Ausgangsgedanken zu tun hat.
@admin …und soweit ich weiß verknüpft das Gehirn handschriftliche geschriebene Informationen über die Fingerbewegungen auch anders/besser, als bei getippten Notizen. #digitalisierung aber nicht um jeden Preis 😉