Wenn die Schule nach den großen Ferien oder nach Weihnachten1 wieder anfängt, dann kommen nicht nur neue Schülerinnen und Schüler in die Schule. In der Schule, in der ich arbeite (5.000+ Schülerinnen und Schüler), sind nach den Ferien neue Gesichter im Kollegium an der Tagesordnung. Es sind aber nicht nur fertige Lehrerinnen und Lehrer, die das Kollegium bereichern, sondern auch immer wieder Referendare. Der Unterschied zu den „fertigen“ Kolleginnen und Kollegen ist, dass die Lehrkräfte in Ausbildung immer mal wieder fragen, ob Sie in den Unterricht mit kommen dürfen. Aber da ich in der Regel nichts besonderes mache, sollen die mal getrost woanders hospitieren… Oder?
„Ich mache aber nichts dolles…“
„Ich gebe eine Klassenarbeit zurück.“, „Ach, heute gibt es nur ein paar Referate – auch nicht sonderlich gute…“. Auch wenn diese Ausreden, der Wahrheit entsprechen, sind sie in der Regel am Ziel vorbei. Wenn Du keine Lust hast, jemanden in Deinem Unterricht sitzen zu haben, dann sag das klar und deutlich. Dann weiß der neue Kollege oder die neue Kollegin, woran sie ist. Denn: Genau das, was Du als „Ausrede“ nutzt, ist das, was eine neue Lehrperson interessiert: Man will als Berufsanfänger doch gerade den Alltag sehen! Gerade die Normalität !Gerade das Kerngeschäft! Die anderen teilweise geschönten oder wochenlang vorbereiteten Unterrichte, bekommen die Referendare ja häufig schon in den Seminaren zu Gesicht.
Das was die Kolleginnen und Kollegen brauchen, das ist ein Einblick in das wahre Leben! Außerdem machst Du ja doch jeden Tag etwas besonderes, nämlich Deinen höchst persönlichen Unterricht.
Nimm die Chance wahr!
Wann hat man schon mal im richtigen Berufsalltag die Chance, einen Kollegen oder eine Kollegin mit in den Unterricht zu nehmen? Es gibt kaum Doppelbesetzungen, die Freistunden sind rar gesät und die Kolleginnen und Kollegen, mit denen man ständig zusammen hockt, schwimmen im gleichen pädagogisch-didaktischen Brei, so dass man sich in einer kurzen Reflexion gegenseitig bauchpinselt.
Wenn dann aber mal frischer Wind in Form eines Referendars in die Bude kommt, der dann auch noch vom Studienseminar randvoll mit guten Ideen, Konzepten, Modellen und Theorien ist, dann gibt dem doch mal einen Beobachtungsauftrag für Deinen Unterricht. Lass ihn mal auf Deine Instruktionen gucken, Deinen Redeanteil oder Deine Körpersprache und lasse Dir ein Feedback geben. Du hast eine echte Chance, Deine Professionalität voranzutreiben und besser zu werden.
Referendare tun nichts – die wollen nur gucken
Wir arbeiten in der Regel hinter einer verschlossenen Tür. Was wir da machen, das bekommen Kollegen und Kolleginnen nicht mit. Wenn dann doch mal einer mitkommt oder mitgekommen ist, dann sind es meist die Seminarleiter / Seminarleiterinnen, die Mentoren / Mentorinnen und der Chef oder die Chefin. Diese haben dich vom Gefühl her alle immer beurteilt.
Logisch, dass du ein mulmiges Gefühl hast, wenn du Besuch im Unterricht hat. Du hast gelernt: Wenn einer hinten drin sitzt, dann werde ich beurteilt. Ich kann dir versichern, ein Referendars wird dich nicht bewerten. Die wollen in der Regel nur gucken, was du da so machst und gucken sich das eine oder andere ab. Sicherlich, wenn an Deiner Schule mehrere Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst sind, dann werden die sich vielleicht unterhalten, bei welchem Kollegen sie was gesehen haben, aber Deiner Beförderung stehen Sie nicht im Wege.
Mein Fazit
- Lasse eine Lehrkraft im Vorbereitungsdienst immer mitkommen, wenn Sie mitkommen möchte. Auch wenn Du eine Arbeit zurückgibst oder Noten besprichst.
- Gib der Lehrkraft im Vorbereitungsdienst einen Beobachtungsauftrag, lasse Dir ein Feedback geben und komme über Unterricht ins Gespräch.
- Hab keine Angst, die Lehrkraft im Vorbereitungsdienst wollen nur gucken.
PS: Das Gleiche gilt auch für Studierende im Praktikum.
- Okay, eigentlich erst im Februar. [↩]
Ich meinem Unterricht kann Jeder, jeder Zeit mitkommen, reinschauen, mitmachen. Meine Tür steht jedem offen, auch wenn man sie erst selbst aufmachen muss, der Flur ist mir schlicht zu laut! ? Anmeldung nicht nötig. Zu verstecken hab ich nichts und ertragen müssen mich die Schüler ja auch, da kann man das auch Livs zumuten. ?
In meinem letzten Unterricht war eine Praktikantin, die erstaunt war, wie konzentriert die SuS gearbeitet haben ohne Stress und Druck aufzubauen. Schön war auch, das ich eine modifizierte Methode in der Klasse probieren wollte, diese Modifizierung das Ganze aber komplett gesprengt hat. ? Großartige Diskussionsgrundlage!
Ich bin in der Schule schon bekannt dafür, dass ich hemmungslos alles in meinen Unterricht „reinschnuppern“ lasse…? Ich freue mich immer, wenn eine LiV oder ein(e) PraktikantIn vorbeischaut. Hoffentlich bin ich dabei auch ein Vorbild für die heranwachsende Generation Lehrer. Transparenz und Authentizität sind meiner Meinung nach immens wichtig. Außerdem bemerke ich ebenfalls, dass auch meine SuS mitbekommen, dass ich des Öfteren junge KollegInnen im Unterricht sitzen habe und auch hier zeige, dass es ein Teil meiner Professionalität ist…Lernen zu ermöglichen..Und wenn wir von Kollegialität und Sozialverhalten sprechen, dann sollte ich gerade in der Berufsschule vor der Nase zukünftiger Arbeitgeber und Chefs zeigen, was dies bedeutet und das es „nicht schlimm“ ist, auch nicht perfekt zu sein. Das andere Kollegen „Ängste“ haben kann ich zugegebenermaßen nur schwer nachvollziehen, zumal JEDER diese Situation schon als LiV durchlaufen hat.
Schon alleine die Tatsache, dass du die Türen auf hast, ist in der Hinsicht Vorbild genug. Bei der Authentizität bin ich vorsichtig. Für mich gilt die Glaubwürdigkeit. Vielleicht mache ich da mal einen Artikel zu, was ich genau meine.
Genau so geht es mir auch gerade! Ich betreue zur Zeit 3 Praktikantinnen und finde es spannend und anstrengend (wem gebe ich welche Klasse, welche Beratung, welches Feddback etc.).
Und obwohl die Beobachter mir nichts ausmachen, merke ich, wie entspannt ich bin, wenn keiner hinten sitzt.
Da habe ich einen kleinen Psychotrick ? Praktikanten und Hospitanten sitzen bei mir gerne vorne – bei mir. Ich kann sie informieren, über Instruktionen sprechen und sie sogar mit einbeziehen. Bei mir funktioniert es…