Lehrer(in) ist der beste Beruf der Welt.
Das ist ein Statement, dass ich immer wieder in der Öffentlichkeit vertrete. ((Auch wenn ich das gerne umgehend wieder relativiere, denn der beste Beruf ist Studienleiter 😉 – sonst wäre ich ja nicht hauptberuflich in diese Richtung gewechselt.)) In den meisten Fällen wird diese Aussage abgenickt und die Gesprächspartner denken sich ihren Teil. Nun fragte mich aber ein Teilnehmer eines Seminars, warum ich das so sehen würde. Meine 50 Cent zu dem Thema möchte ich Dir hier vorstellen, denn ich bin fest davon überzeugt, dass wir etwas verändern können.
In dieser Serie werden drei Aspekte des Lehrerdaseins thematisiert, die alle auf ein ähnliches Ziel steuern. Heute: Das Vorbild.
Das Vorbild
Als Lehrperson hat man in der Regeln täglich Menschen vor sich sitzen, die nur zu einem Zweck zu dieser regelmäßigen Verabredung kommen: Sie sollen etwas lernen. ((Im günstigsten Fall wollen sie auch etwas lernen. Aufgrund der in Deutschland geltenden Schulpflicht, habe ich mir hier für das sollen entschieden.)) Und wir sind die Personen, die Ihnen zeigen sollen, was sie lernen sollen, wie sie das am geschicktesten machen und ihnen ständig Feedback geben, damit das Lernen auch gelingen kann. Also machen wir uns Gedanken über die Vorgehensweise, das Thema, die Methode, die Differenzierung und und und…
Wie wirke ich?
Aber machen wir uns auch Gedanken darüber, wie wir vor der Klasse wirken? Welchen Eindruck die Schülerinnen und Schüler von uns bekommen? Welche Welt wollen wir den Schülerinnen und Schülern vorleben? Und ich rede jetzt nicht nur davon, welches Hemd oder welche Bluse wir tragen, sondern wie wir uns verhalten; was wir den Schülerinnen und Schüler an Werten vorleben. Leben wir eigentlich die Werte, die wir von den Lernenden verlangen, auch vor? Beantworte doch mal eben folgende Fragen für Dich, ganz aus dem Bauch heraus.
- Bist Du immer pünktlich im Unterricht? ((Oder gilt bei Euch die Regel, alle, die später als die Lehrperson kommen, sind zu spät?))
- Hast Du immer alle Deine Unterlagen dabei?
- Sind die Arbeiten / Klausuren immer in einer Woche korrigiert?
- Schickst Du die Unterlagen noch am selben Tag herum, die du den Lernenden versprochen hast?
- Arbeitest Du wirklich und gerne mit allen Deinen Kolleginnen und Kollegen zusammen?
- Wie wäre es, wenn die Schulleitung mal einfach so zufällig AGs bildet und Eure Zusammenarbeit bewerten würde und am Tag der Präsentation kommen Deine Kollegen nicht… (stichwort: Gruppenarbeit)
- Siehst Du Dich selbst als lernendes Individuum und wenn ja, wann hast Du was das letzte mal aktiv etwas Neues gelernt?
Der Lehrer das perfekte Wesen?
Natürlich sind wir Lehrer und Lehrerinnen nicht perfekt und das müssen wir auch nicht sein. Und genau diese Fehlbarkeit sollten wir auch den Schülerinnen und Schülern vorleben. Ihnen zeigen, dass auch wir Macken haben und nicht immer die Erwartungen, die an uns gestellt werden, halten können.
Wenn wir bei den Lernenden andere Maßstäbe anlegen, als bei uns selbst, dann passiert Fatales. Durch das „beiläufige Lernen“, was in keiner Weise in der Schule vernachlässigt werden darf, lernen die Schülerinnen und Schüler, dass in einer institutionell angelegten Hierarchie für die Oberen andere Regeln gelten, als für die Unteren. Das mag de facto sogar so sein, die Frage ist nur, ob man diese Hierarchie ausnutzen darf / muss oder sollte und durch ein solches Verhalten auch noch unterstützen sollte. Ich mache deutlich, was ich mit dieser Art des beiläufigen Lernens meine:
Beiläufiges Lernen am Beispiel
Immer wieder hört man von Auszubildenden, dass die Altgesellin nicht fair und zu streng sei oder einfach nur ihre Laune an den Azubis auslassen würde. Die Auszubildenden „weinen“ sich dann hin und wieder in der Schule aus. Jahre später passiert es dann, dass neue Auszubildende in die Schule kommen und sich über die Ausbilder ausweinen, die damals die Lehrlinge waren. Selbst wenn diese Auszubildenden von damals sicherlich nicht so werden wollten, wie ihre damaligen Altgesellen, haben sie beiläufig die Verhaltensmuster gelernt und wenden diese nun auch in der Regel unbewusst an.
Wenn wir als Lehrpersonen auch noch in die gleiche Kerbe hauen, dann erleben Schülerinnen und Schüler keine Alternativen zu den Systemen auf der Arbeit und lernen somit keine Handlungsalternativen kennen und die Chancen sinken, dass sie sich Menschen in ihrer (Arbeits-)Umgebung sozial gegenüber verhalten. Die Kausalkette ist natürlich sehr vereinfacht und reduziert dargestellt und Entwicklung von Charaktereigenschaften ist mehr als eine „Wenn-Dann-Kette”.
Es geht nicht darum die Menschen umgehend zu verändern, sondern darum, ihnen Handlungsalternativen zu bieten. Eine Vielfalt von Handlungsmustern!
In welcher Welt will ich und sollen meine Kinder leben?
Sieh Dich also als Vorbild für eine Welt, in der Du leben möchtest. Überlege Dir, welche Verhaltensweisen der Menschen in der Zukunft als normal angesehen werden sollten und lebe bereits diese Verhaltensweisen in Deiner Klasse vor. Wenn Du Dir dann noch bewusst darüber bist, was Du warum und wie tust, dann sprich darüber und mache es transparent. So hast Du jeden Tag die Chance, die Welt um Dich herum ein kleines bisschen besser werden zu lassen.
Schreibe einen Kommentar zu Mixkassette Antworten abbrechen