In meiner Welt ist es für die Entwicklung eines Menschen von hoher Wichtigkeit, Fragen stellen zu können. Damit meine ich in erster Linie nicht die Fragen, die man einem anderen Menschen stellt oder sich für ein Interview zurecht legt, sondern Fragen, die sich an einen Sachverhalt, ein Phänomen oder den Alltag richten.
Eines meiner Credos ist es, immer wieder die wichtigste Frage der Welt zu stellen:
Warum?
Fragen formulieren
In der Schule ist es hier und da schwierig, den Lernenden Fragen zu entlocken, weil Sie selten gelernt haben, sich Fragen zu stellen. Die Hintergründe dazu würden in einer Generalkritik des Medienkonsums enden, bringen Dich im Unterricht aber nicht weiter. Ich habe ein einfaches und simples Instrument entwickelt, mit der Lernende nach und nach in die Lage versetzt werden, Fragen zu formulieren: Die „Alles-ist-neu-Tabelle“
Diese Tabelle gilt es dann einzusetzen, wenn die Lernenden einen neuen Sachverhalt, ein neues Themengebiet oder neue Aspekte erfahren haben. Dabei spielt es keine Rolle, wie das methodisch abgelaufen ist, wie lang die Informationseinheit war oder ob die Lernenden bereits Vorwissen haben oder hatten.
Schritt eins: Was habe ich Neues gelernt?
Diese linke Spalte gilt es auszufüllen. Den Lernenden überlasse ich gerne, ob sie Stichworte verfassen oder ob Sie einen Fließtext notieren wollen. Wichtig ist, dass sie das, was sie notieren, einem anderen Lernenden mitteilen können. Eine Vorgabe, wie lange man diese Phase gestalten sollte gebe ich nicht, da dieses von Lerngruppe, Thematik etc. abhängig ist.
Schritt zwei: Das habe ich Neues gelernt!
Die Lernenden erklären sich in einer kleinen Minikonferenz gegenseitig, was sie Neues aus der Unterrichtseinheit erfahren haben. Je nachdem, welche Lerngruppe man vor sich hat, sollte man diese Phase strukturieren, damit ein gemeinsamer Austausch stattfinden kann.
Schritt drei: Diese neuen Fragen habe ich.
Sowohl durch das vorherige Notieren dessen, was man gelernt und neu erfahren hat und auch während der kurzen Minikonferenz beginnt das Gehirn assoziativ und sachgebunden zu arbeiten. Nun formulieren die Lernenden neue Fragen, die ihnen in den Kopf kommen. Wichtig ist an dieser Stelle: Es müssen Fragen formuliert werden! Stichworte reichen hier nicht. Warum ist das hier nicht erlaubt? Tja…
In dem Moment, in dem wir eine Frage wahrnehmen, beginnt unser Gehirn schon nach einer Antwort zu suchen.1 Auch wenn es auf Anhieb keine findet, wir es darauf vorbereitet, neue Dinge abzuspeichern und als wesentlich zu verstehen.
Schritt vier: Füllen der Lücken.
Die Fragen zeigen den Lernenden auf, welche Lücken sie persönlich noch in dem Bereich haben oder was noch auf diesem Gebiet interessant erscheint.
Hier endet das Instrument, aber nicht die Arbeit damit! Diese Lücken müssen dann natürlich geschlossen werden. Auch hier kommt es wieder drauf an, wie die Lerngruppe zusammengesetzt ist, wie damit weitergearbeitet wird. Ob man einen Forschungsauftrag gibt, einen Lehrervortrag hält, Referate machen lässt, einen Informationsfilm zeigt etc, ist der Lehrperson überlassen.
Repetitio mater omnium
Sicherlich wirst Du nicht beim erstem Mal super Ergebnisse und Fragen erzielen können. Ich bin mir aber sicher, wenn Du dieses Instrument des Öfteren anwendest, werden gelungene Fragen entstehen.
- So wie die letzte Frage in dem Absatz zuvor 😉 [↩]
Sehr schöne Idee. Das werde ich ausprobieren. Übrigens: Das „Warum“ pflege ich genauso 😉
Super, ich freue mich auf Erfahrungsberichte 😉
Tja, zum Warum: Letztens fragte meine Tochter mich mit eindringlicher Beständigkeit, morgens um 6:15 Uhr, WARUM sie jetzt aufstehen müsse… Auf jede meiner Antworten folgte ein weiteres Warum. Beim Frühstück erklärte ich ihr, dass es auch ungute Zeitpunkte zum Stellen dieser Frage gibt 😉 #DieGeisterDieIchRief