Lehrer(in) – Leider geil // Der Glücklichmacher

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Lehrer(in) ist der beste Beruf der Welt.

Das ist ein Statement, dass ich immer wieder in der Öffentlichkeit vertrete.1 In den meisten Fällen wird diese Aussage abgenickt und die Gesprächspartner denken sich ihren Teil. Nun fragte mich aber ein Teilnehmer eines Seminars, warum ich das so sehen würde. Meine 50 Cent zu dem Thema möchte ich Dir hier vorstellen, denn ich bin fest davon überzeugt, dass wir etwas verändern können.

In dieser Serie werden drei Aspekte des Lehrerdaseins thematisiert, die alle auf ein ähnliches Ziel steuern. Heute: Der Glücklichmacher.

Der Glücklichmacher

Schule ist ein Ort in der Leistungen von Menschen ständig auf dem Prüfstand stehen, obwohl es auch meiner Sicht ein Ort des Lernens und nicht des Prüfens sein sollte. Dennoch werden immer wieder die Defizite der Menschen in den Vordergrund gerückt.

Wer hat wann, was und wo schlecht oder falsch gemacht? Wenn ich nun im folgenden eine postive Feedback-Kultur verfechte, ist das in keiner Weise so gemeint, dass grobe Fahrlässigkeiten oder Situationen in denen Gefahr in Verzug ist, schön geredet werden sollen. Dinge, die falsch laufen müssen benannt werden, gerade dann, wenn es weitreichende Konsequenten haben kann, wie es in der beruflichen Bildung Gang und Gäbe ist.

Schulbiografien, die ich keinem wünsche

Die Lernenden, die ich unterrichte haben nicht selten Schulerfahrungen hinter sich, in denen ihnen immer nur mitgeteilt wurde, dass sie bestimmte Dinge nicht schaffen werden und anderes so oder so nicht kapieren werden. Wenn wir als Lehrperson diese Lernenden zunächst nur so wahrnehmen, wie sie sind, nicht wie sie erscheinen, dann kann ich Ihnen eine faire Chance geben.

Die Schubladen

Wir kategorisieren jeden Menschen den wir sehen auf Grund unserer (beiläufig) gemachten Erfahrungen. Im Volksmund sagt man, man steckt jemanden in eine Schublade. Das passiert immer und man kann sich nicht davon frei machen. Das, was der Mensch aber kann, ist, sich über dieses Verhalten bewusst zu werden und damit zu spielen. Zum Beispiel, dass man den neuen Schüler vielleicht in die Schublade „Kiffender Hip-Hopper aus einer bildungsfernen Familie“ steckt und sich dann auf die Suche begibt, wann er genau dieses Muster verlässt oder in welchen Situationen er genau gegenteilig handelt. In dem Moment kann und darf ich den Schüler rückmelden, dass er mit dieser Art und Weise überrascht hat und man sich freuen würde, noch mehr solche Überaschungen zu erleben. Was sich hier anhört wie Banalität ist in Wirklichkeit dem Schüler mit einem Verhalten zu begegnen, dass er nicht kennt. Er wird nicht dafür was oder wer er ist, bloß gestellt oder kritisiert, sondern ganz im Gegenteil für etwas gelobt, von dem er unter Umständen gar nicht weiß, dass er diese Eigenschaft oder dieses Wissen hat.

Erfolge feiern

Wir können die Lehrperson sein, die sich nicht an den Defiziten der Schülerinnen und Schüler festbeißt, sondern die, die Erfolge feiert. Und ja: Für den einen oder anderen Schüler ist eine 4- schon ein Erfolg.

Wenn ich diese Erfolge feiern möchte, muss ich aber zwangsläuig wissen, welche Ziele der Lernende verfolgt. Denn nur wenn ich Ziele kenne, kann ich die individuellen Erfolge feiern. Diese Ziele können auf den Unterricht bezogen sein, müssen es aber nicht. Damit ist deutlich, dass ich Interesse an den Schülerinnen und Schüler haben muss, mit Ihnen Gespräche führen muss, um gemeinsam Ziele formulieren zu können. Diese Ziele müssen nach einer festgelegten Zeit überprüft werden2 und können dann reflektiert werden. Wenn die Ziele erreicht wurden, dann kann genau das gefeiert werden. Wenn Teilziele erreicht wurden, dann kann eine wertungsfreie Analyse der Situation stattfinden, warum das eine oder andere nicht erreicht wurde und der Fokus muss auf dem erreichten Bereich liegen. Wenn keine oder nur sehr wenige Ziele erreicht wurden, dann gilt die Ursachenforschung3. Wenn diese abgeschlossen ist, dann werden neue Ziele formuliert, die den gefundenen Ursachen angepasst werden und der Zirkel beginnt von neuem, bis es Erfolge zu feiern gibt.

Detektive für positive Eigenschaften

Es geht von der Seite der Lehrperson her darum, das Gute im Menschen zu finden und dann zu benennen. Die Schülerinnen und Schüler sind diese warmen Worte und das ehrliche auf Gut-Gemachtes bezogenes Feedback nicht gewohnt und können damit am Anfang nicht immer gut umgehen. So wie der stetige Tropfen den Stein höhlt, sind die Erfolge nur auf langer Sicht zu sehen. Wenn es uns gelingt, den Focus der Schülerinnen und Schüler nicht auf ihre Defizite, sondern auf Ihre Stärken zu lenken und sie damit selbst stärker zu machen, dann haben sie die Chance, im Leben glücklicher und erfüllter durch die Welt zu gehen.

Gift in Medizin wandeln

Nachdem die Schülerinnen und Schüler erkannt haben, dass Sie Dinge können und sogar gut können, kann die Lehrperson damit starten, Gift in Medizin zu verwandeln.

Fazit

Egal aus welcher Perspektive man den Beruf des Lehrers und der Lehrerin betrachtet, wenn man den Beruf ernst nimmt, ist es nicht nur einer der wichtigsten, sondern einer der schönsten Berufe auf der Welt.

Wichtig, weil er als einflussnehmende Person auf Menschen, jeden Tag die Chance inne hat, Menschen zu bilden und die Welt dadurch ein kleines bisschen besser und vielfältiger zu machen.

Schön, weil er als einflussnehmende Person auf Menschen, jeden Tag die Chance inne hat, Menschen zu bilden und die Welt dadurch ein kleines bisschen besser und vielfältiger zu machen.

Wenn Du Dich nun fragst, wie Du – egal in welchem Beruf oder Lebensbereich – als kleiner Weltverbesserer daherkommen möchtest, halte Dich an diese Aussage:

„Sei der, den Du gebrauchst hättest, als Du jung warst.“

  1. Auch wenn ich das gerne umgehend wieder relativiere, denn der beste Beruf ist Studienleiter 😉 – sonst wäre ich ja nicht hauptberuflich in diese Richtung gewechselt. []
  2. Dazu hilft auch immer die SMART-Formel, da hier das T für terminiert steht und so schon ein Zeitpunkt definiert ist, an dem das Ziel überprüft werden muss. []
  3. Häufig liegt es am R in Smart – realistisch []

6 thoughts on “Lehrer(in) – Leider geil // Der Glücklichmacher

  1. Ich bin Lehrerin geworden, weil ich zwar auf der einen Hand sehr viel ‚unentschuldigt gefehlt‘ habe in meiner Schulzeit, aber das Lernen über Dinge, die mich interessieren, für mich immer das Höchste war! In meiner Familie gab es keine Musik. Musik ist nun mein Leben. Gezeigt haben mir meine Lehrer und Lehrerinnen die Musik. Ich war eine Zumutung als Schülerin, vor Allem, weil ich dabei noch intelligent war und man mich somit nicht mit Zensuren oder schlechten Argumenten in Schach halten konnte. Wie meine Lehrer mich ausgehalten haben, ohne mich im Kern zu verurteilen, das war etwas, was ich zuhause nicht erlebt habe.

      1. … welchen Einfluss LehrerInnen haben können:

        Ich hatte mal eine Kunstlehrerin. Die hat uns Bücher lesen lassen. Langweilige Bücher. „Kunstgeschichte“ nannte sich das.

        Bin dann nicht mehr hingegangen.

        Und bekam eine Sechs, die im Abi verrechnet wurde.

        Hab dann später an der Universität der Künste studiert.

      2. Ja. Um diesen Einfluss wusste ich und ich halte die Schulpflicht für ein sehr hohes Gut.

        Übrigens, meine Mutter war selber Lehrerin (und Beratungslehrerin). Sehr beliebt sogar bei den SchülerInnen! Ich konnte mich selbst davon überzeugen. Als Mutter konnte sie mir jedoch kein Zuhause geben. Es ist eben oft anders als es Scheint (Stichwort: ‚Eltern Akademiker…‘)

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