Diese Weiterbildung Sonderpädagogik für Lehrkräfte an der Beruflichen Schule war für mich die erste Veranstaltung, die durch mehrere aufeinander aufbauende Sitzungen gekennzeichnet war. Die Weiterbildung wurde vom IQSH angeboten und fand an den verschiedensten Orten in Schleswig-Holstein statt. Der Schwerpunkt der Weiterbildung sollte auf dem Konzept des Kooperativen Lernens liegen. Da eine liebe Kollegin, die die Seminare des Kooperativen Lernens übernehmen sollte, keine Zeit hatte das Seminar durchzuführen, kam ich ins Spiel.
Die Struktur des Seminars
Für mich war es keine Frage, dass das Seminar, welches das Kooperative Lernen vorstellt, nur im Konzept des Kooperativen Lernens durchgeführt werden kann. Die Teilnehmer (TN) haben im Vorfeld sicherlich nicht damit gerechnet, so viel selbst zu (er)arbeiten. Dieses Vorgehen begründet sich wie folgt:
- Die TN erleben, was sie bei den Schülerinnen und Schülern erreichen können, wenn nach dem Konzept unterrichtet wird.
- Ich hatte keine Lust, sechs Stunden am Stück zu erzählen – selbst wenn ich es könnte.
- Ich habe in der Universität schon die Professoren angeprangert, die Wasser predigen und Wein saufen und wollte es anders machen.
- Die Kooperativen Lernstrukturen ermöglichen ein Verständnis der Sachverhalte und des Konzepts, dadurch, dass die TN wirklich selbst an der Materie arbeiten und sich gegenseitig befruchten können.
In sechs Sitzungen haben die TN Grundlagen, Konzeptionelles und Methoden kennengelernt.
Die Rückmeldungen
Rückmeldungen der Gruppe waren in der Regel positiv oder nicht genau einzuordnen. Ein TN teilte mir auf einer der ersten Sitzungen mit, dass er nach den anderen Seminaren immer nach Hause käme und dort mit seinen Kinder spiele, nur wenn sie einen Tag bei mir hatten, sei das nicht mehr möglich. Meine Frage, ob er das positiv oder negativ beurteile, konnte er nicht beantworten. Ich für meinen Teil habe entschieden, dass das gut ist. Warum? Ganz klar: Wenn der TN abends schachmatt ist, dann bedeutet das, dass er in meinem Seminaren gearbeitet hat und das war ein Ziel meinerseits.
Weiterhin ließen mich die Teilnehmer spüren, dass sie aus meinen Sitzungen immer etwas für ihren Alltag haben mitnehmen können.
Die Zukunft
Da auch dieses Jahr wieder eine solche Weiterbildung mit einem gleichen Schwerpunkt ins Leben gerufen wird und ich wieder akquiriert werden soll, gibt es auch einige Punkte, die ich anders machen möchte.
- Da das Seminar den Schwerpunkt Sonderpädagogik hat, werde ich das nächste Mal mehr Methoden vorstellen, die sich für Jugendliche in der Berufsvorbereitung besonders eignen.
- Außerdem waren in dem Seminar einige TN, die an den Schulen als Fachlehrer1 tätig sind. Diese gaben immer wieder zu bedenken, dass die Methoden in ihrem Unterricht nicht funktionieren würden. An dieser Stelle habe ich leider nur wenige Erfahrungen vorzuweisen. Die Teilnehmer baten mir immer wieder an, mal in ihrem Unterricht zu hospitieren. Dieses Angebot werde ich wahrnehmen und mal genauer hingucken, wie auch im fachpraktischen Unterricht das Konzept des Kooperativen Lernens eingesetzt werden kann.
- Die TN haben in den meisten Seminaren ihrem Unterricht für die nächsten Tage einen „kooperativen Stempel“ aufgedrückt. Sie mussten immer das anwenden, was sie im Seminar gelernt haben. Leider sind die Erfahrungen und Erkenntnisse aus den Unterrichten in den darauffolgenden Sitzungen verpufft, da ich nicht wieder darauf eingegangen bin. Im schulischen Bild habe ich Hausaufgaben aufgegeben, diese aber nicht abgefragt. Das muss sich ändern! Durch die Möglichkeit Erfahrungen in der Gruppe ansprechen zu können, so Probleme zu lösen und das Konzept direkt zu reflektieren, kann das Konzept sicherlich noch besser verinnerlicht werden.
- Bei meinem letzten Reflexionspunkt bin ich mir selbst noch nicht sicher, welche Meinung ich selbst habe. Ich komme aber immer mehr zu dem Entschluss, dass ein bisschen Kooperativer Unterricht nicht funktioniert. Das Konzept ist zu komplex, als das man heute mal kooperativ unterrichtet und morgen wieder „normal“. Das ist das was Lehrkräfte dann gerne machen, wenn Sie einen Unterricht zeigen müssen.2 „Ich mache dann mal Kooperatives Lernen, dann sehen die, dass ich das auch kann.“ Dieser Schuss geht, nach meinen Beobachtungen, in den meisten Fällen nach hinten los, da die Schülerinnen und Schüler die Komplexität des Unterrichtes gar nicht gewohnt sind, die notwendigen sozialen Kompetenzen nicht entwickelt haben und die Lehrkraft in der Regeln mit dem Kontrollverlust zu kämpfen hat und doch wieder das Ruder an sich reißt oder reißen will. Im Moment festigt sich bei mir der Gedanke, dass ich das Konstrukt Kooperatives Lernen verstanden haben muss, damit ich danach unterrichte und wenn ich es dann tue, dann mache ich es konsequent, weil ich mir bewusst bin, dass es anders mit den Schülerinnen und Schülern nur schlecht funktioniert und nicht die gesetzten Ziele erreicht werden. Sollte sich dieser Standpunkt weiterhin festigen, werde ich ihn auch mit in das Seminar aufnehmen müssen.
Ich freue mich auf weitere spannende Seminare, Fort- und Weiterbildungen, wenn diese alle mit einer solchen offenen, lernwilligen, fairen und netten Lerngruppe zu bestreiten sind.