Ich war ja nun am 11.12.2008 das erste Mal in der Schaubude und habe mir da einen Poetry Slam angeguckt. Mich begleiteten ein Kollege und eine Kollegin und zu meiner Überraschung, tauchten dort auch einige Schülerinnen und Schüler auf, die die Dichter genossen. Leider sind nicht alle bis zum Schluss geblieben, da das Spektakel doch bis ca. 0030 ging. Wir waren zwar schon um 1930 da, sind aber noch zu McDonalds und haben etwas schnabbuliert, die Pforten öffneten sich erst recht spät und wir standen schön im Nieselregen und spürten unsere Jacken schwerer werden.
Kommerz beim Slamen
Als wir vor der Schaubude standen, lasen wir eine Schild, dass der Slam dieses Mal vom Fernsehen aufgezeichnet wurde. Wer jetzt meint, der WDR oder ein anderer „seriöser“ Sender wäre an dem Kieler Slam interessiert, der irrt. Es handelte sich um eine Team von Sat1Comedy und der Moderatorin Sarah Kuttner.
Schade war, dass wegen der Kameramänner, der ganzen Technik und den V.I.Ps -die nicht auf dem Boden, sondern auf Stühlen sitzen durften/mussten/wollten- einige Gäste draußen bleiben mussten. Aber dennoch hat Björn (der MC des Abends) sich nicht ganz dem Joch der Fernsehleute untergeordnet und hat rebellisch die Jurorenkarten teilweise außer Reichweite der Kameras platziert. Auch nach dem Hinweis, dass das Ganze nicht so gut für die Kameras wäre, meinte er nur „Ich bin jetzt mal Arschloch, die Karten bleiben wo sie sind.“ Damit erntete er Applaus und eine glatte 10 😉
Ich persönlich habe ja nichts gegen die Kommerzialisierung von Dingen. Egal ob es sich um Lifestyle, Klamotten und/oder Musik handelt. Schlimm für die Szene wird es erst dann, wenn es kommerziell ausgeschlachtet wird. So werte ich auch das Interesse an Poetry Slam von Sat1, denn die machen sicherlich keine Sendung aus Nächstenliebe oder kulturellem Interesse, sondern nur wegen einem… Kohle. Klingt komisch… ist aber so! Aber ich will mal nicht vorschnell urteilen, da man ja noch nicht weiß, wie die Spezies vom TV das Ganze schnippeln und was die daraus machen.
Lustig ist der Slam, hei lustig soll er sein
Leider sind noch immer viele der Meinung, Slam-Texte müssen komisch sein. Müssen sie nicht! Klar – durch einen komischen Text erreicht man vielleicht das Publikum recht schnell und holt es auf seine Seite, aber gute Texte sind nicht unbedingt lustig und erst recht nicht trivial. Für alle die, die Poetry Slam (noch) gar nicht kennen, ergibt sich das Bild des lustigen Slamers durch Auftritte in den Unterhaltungssendungen. Hier ist zum Beispiel der Star der Szene genannt, Sebastian 23. Klar, er schreibt großartige Texte, performt wie ein Großer1 und ist ein klasse Slamer, aber er ist nicht der Einzige und auch nicht der Vertreter einen ganzen Spezies. Das wäre, als wolle ich einem Außerirdischen erklären, was ein Vogel ist und ihm einen Strauß zeigen — der käme sicherlich nicht auf die Idee, dass es so etwas wie einen Kolibri gibt.
Auf der anderen Seite kann ich ich Sebastian gut verstehen und würde diese Gelegenheit sicherlich selbst nicht auslassen, mich auf diese Art zu verkaufen. Schade ist nur, dass es dadurch ein falsches Bild über Poetry Slam in der Öffentlichkeit gibt.2 Wollen wir hoffen, dass die Poeten ihrem Stil treu bleiben und nicht dem öden Mammon hinterher rennen, auch wenn die neue Sendung von Sarah Kuttner auf Sat1Comedy ausgestrahlt wird.
Texte und Stimmung
Die Texte und die Poeten in der Schaubude waren Klasse. Die Stimmung war super und der Abend kurzweilig. Einer meiner Schüler hat angemeldet, dass er am 8. Januar, wenn der nächste Slam in der Schaubude stattfindet, auch auf die Bühne will. Wenn er dort auftreten wird, bin ich sicherlich dabei, sollte er nicht dabei sein, was ich aber hoffe, dann werde ich wahrscheinlich dabei sein, denn ein bisschen Kultur hat noch niemandem geschadet.
Was haltet Ihr von Poetry Slam und der beginnenden, vermeintlichen Ausschlachtung des Ganzen?
Links zum Thema
- https://www.kieler-schaubude.de (Location)
- https://www.assembleart.com/ (Veranstalter)
- https://www.sat1comedy.de/exklusiv/slam_tour/ (Infos zur Sendung von Frau Kuttner)
- Er ist sicherlich auch einer, im Gegensatz zu Kuttner, die mir bis kurz über die Nase ging! 😀 [↩]
- Und ich will hier auch betonen, dass ich die Texte von Sebastian23 in keiner Weise nur lustig finde, sondern dass diese auch zum Nachdenken anregen und sicherlich auch sozialkritisch sind. Ich wage aber zu bezweifeln, dass dieses Eigenschaft die ist, die ihm die Tür in die große Öffentlichkeit öffnete. [↩]
Wir „verfolgen“ die Poetry-Slam-Szene hier in Bielefeld schon seit einiger Zeit. Am 10. Dezember gastierten Vertreter und Vertreterinnen bei uns in der Schule, wahrscheinlich nicht zum letzten Mal.
Thema: Kommerzialisierung. Der Verein „serifenlos“ finanziert die Veranstaltung; unsere Gäste wurden fair entlohnt.
Mehr dazu:
http://serifenlos.de/drupal2006wir/?q=search/node/slam
auf bald
Reinhard
Ja das mit dem Sebastian ist schon so ne sache!!!
Ich finde ihn zwar super gut aber jetzt auf Stefan Raab und Quatsch Comedy Club zu machen bisl überflüssig oder besser gesagt zu Geld geilich =) (super wort.. )
Aber das muss er selber wissen der Sebastian und wenn er noch immer dem Slam treu bleibt dann hab ich da auch keine weiteren zweifel..
Man kann es wohl kaum als Ausschlachtung bezeichnen, wenn in einem Sparten-Abo-Sender mal eine Slam-Sendung läuft. Sat1Comedy hat sogar 2. Als Slammer (die zwei „m“ sind immer gerne gesehen) hat man dann eben ein hochqualitatives YouTube-Video mehr und mehr bringts auch nicht. Schon gar keinen Reichtum. Das Fernsehen spült im besten Fall mehr Leute zu den Veranstaltungen vor Ort. Was gibts dagegen zu sagen?
@tomek: Du bist also der Auffassung, dass man nix aus seinem Talent machen und empört ablehnen soll, wenn man mal Geld und ne große Bühne geboten bekommt?? So entstehen keine Karrieren.
Danke für die Kommentare, aber die Ausschlachtung bezog sich weniger auf das Weiterkommen in der Karriere einzelner Slammer (Man achte auf die zwei „m“! 🙂 ), sondern eher auf das Interesse der „Privaten“ an dem Thema.
Wir befinden uns zwar „nur“ in einem Spartensender, aber das ist nach meiner Meinung das Problem! Es handelt sich um einen Comedy-Sender. Poetry Slam kann lustig sein – muss aber nicht. Und so bekommt das Ganze einen „Hey, das ist lustig“-Stempel und verkommt so in seiner Reinform.
Leider kann ich zu der Sendung selbst nichts sagen, da ich diesen Spartensender nicht empfange und somit betrachte ich nur die äußeren Umstände und nicht die eigentliche Wirkung dessen.
Als weiteres Indiz für die Nicht-Akzeptanz, kann die Stimmung der Gäste der Schaubude genommen werden, wenn die Sprache auf die TV-Leute kam… Nicht gut, gar nicht gut 😉
Ich kann dir einfach nur sagen, dass dies totaler Schwachsinn ist was du dort schreibst, lieber Blogger, und nicht der Wahrheit entspreicht. Das Thema Kommerz und Kultur ist langsam gähhhhnend langweilig und tierisch einseitig. Ganz besonders dann, wenn man keine Ahnung hat und sich dennoch als Medienjunkie bezeichnet!