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Hans-Peter Schumann

treppeDer schrille Ton der Schulklingel ertönte. Alle nahmen ruhig ihre Taschen auf und machten sich langsam und in aller Ruhe auf in die Klassenräume. Hans-Peter war natürlich schon auf dem Weg in die 10c. Als er gerade in das Treppenhaus abbog, hörte er von hinten seine Kollegen spotten: »Hannes, viel Spaß in der 10c. Die sind heute wieder suuuper drauf.« Hans-Peter drehte sich nicht um. Er hob nur dankend den Arm und schritt die Stufen hinauf. Als er den Flur betrat, hörte er schon die  10c. Lautes, pubertäres Gejohle, Gekichere und albere Geräusche. Tische verrückten, Stühle fielen. »Wie sollten diese Gestalten bloß irgendwann im Arbeitsleben klarkommen? Die Schule kann eben nicht die Arbeit des Elternhauses übernehmen.« Die Tür war nur angelehnt. Er ruhte einen Moment, bevor der die Tür mit Schwung aufriss und in den Klassenraum marschierte.

Der Fuß hatte den Boden des Klassenraums noch nicht berührt, da waren die Schülerinnen und Schüler bereits ruhig und gingen zügig auf ihre Plätze. Seine Tasche landete neben dem Pult. Mit routinierten Griffen, holte er seine Unterlagen aus der Tasche, ließ sie auf das Pult fallen und wünschte der Klasse einen guten Morgen. Diese erwiderte, wie man es aus alten Filmen kennt: »Guten Morgen Herr Schumann…« Er hatte die Klasse im Griff.

»Lest bitte den Text auf Seite 35. Beantwortet dann die Fragen, die unter dem Text stehen. Dafür habt ihr 10 Minuten Zeit. Danach bildet ihr 4er-Gruppen. Dort tauscht ihr Euch über die Fragen aus. Bereitet einen Kurzvortrag vor, der die Inhalte wieder gibt. Dafür habt ihr 20 Minuten Zeit. Wer das Ganze vortragen wird, entscheidet das Los. Der Vortrag wird bewertet«, klare und komplexe Instruktionen waren die Schülerinnen und Schüler bei ihm gewohnt. Sofort begannen sie, konzentriert zu arbeiten.

Nach 10 Minuten rief Hans-Peter in die Klasse: »Ihr könnt nun beginnen, Euch in der Gruppe auszutauschen.« Die Schülerinnen und Schüler fanden sich in Gruppen zusammen und diskutierten. Auch wenn nun alle Schülerinnen und Schüler am Unterricht beteiligt waren, verlief alles sehr ruhig.

Hans-Peter begann seine Aufzeichnungen durchzusehen und startete damit, den Unterricht des nächsten Tages vorzubereiten. Langsam erhöhte sich der Geräuschpegel in einer von Jungen dominierten Gruppe. Es wurde gelacht, geprustet und schlussendlich auch geschrien.

Hans-Peter ging das eindeutig zu weit. Er wollte seinen Stuhl nach hinten schieben, um die Störenden zu ermahnen. Der Stuhl bewegte sich aber keinen Zentimeter. Mit mehr Kraft drückte er vergebens gegen das Pult. Er beugte sich runter, um nachzusehen, was mit dem Stuhl los war.

Dabei erhöhte und veränderte sich der Geräuschpegel schlagartig und er schaute in ein Englischbuch. Das war sein Englischbuch aus der 7. Klasse. In dem Buch lag eine aufgerissene Tüte *Ahoi-Brause*. Waldmeister-Geschmack. Im Hintergrund hörte er seinen alten Englischlehrer, Herrn Blume, sprechen.

Riko, der neben ihm saß, erzählte im lachenden Ton: »Alter… Waldmeister geht normal ab! Du muss‘ ma‘ Zitrone nehmen! Das ballert Dir alles wech! Da is‘ Zitronensäure drinne.«
Auch wenn er es in dieser Situation nicht wollte, beugte er sich zum Buch hinunter und zog sich den kleinen separat liegenden Haufen *Ahoi-Brause – Waldmeister* durch das linke Nasenloch. Sofort begann die Brause zu brausen. Ein ungeheures Kribbeln kroch in seiner Nase hoch. Riko hielt sich seine Hände vor das Gesicht. Er prustete in seine Hände und musste lauthals lachen. Er beherrschte sich aber, um nicht den Englischunterricht zu sprengen. Hans-Peter kämpfte mit einem Nieser, der sich langsam, aber äußerst deutlich ankündigte.  Der Vulkan in seiner Nase stand kurz vor dem Ausbruch. Er schmiss seinen Kopf in den Nacken und rotzte eine Mischung aus *Ahoi-Brause* und Schnodder auf Rikos Englischbuch. Beide fingen lauthals an, zu lachen. Herr Blume lief rot an, nahm die beiden ins Vesier und schrie: »Hans-Peter!!! Riko!!! Seid ihr bescheuert?!« Hans-Peter schlug mit dem Kopf auf den Tisch, gröhlte und schlug mit der Faust neben seinem Kopf auf den Tisch… Beherrschung war in dieser Situation ein Fremdwort.

Als er sich wieder aufrichtete, um Herrn Blume entgegenzutreten, stand er vor einer Klasse. Orientierungslos schaute Hans-Peter sich um. Hinter ihm eine Folie an die Wand projiziert, die Adolf Hitler zeigt. Neben ihm saß Frau Krowaski, seine Geschichtslehrerin der 10. Klasse. Sein Brustkorb weitete sich. Luft im Magen suchte den Weg nach oben. Dumpfe Schläge in seinem Kopf hämmerten und machten ein logisches Denken unmöglich. »Hans-Peter, bitte fangen Sie an«, hörte man die schrille Stimme von Frau Krowaski. Die Stimme zirpte in seinen Ohren. Wieder kündigte sich die Luft an, die sich unaufhaltsam den Weg in die Freiheit suchte. »Also, Adolf hatte halt `nen Schäfer…«, weiter kam er nicht. Die Luft im Magen war stärker. Sie überschritt die Schwelle zum Mundraum und hinterließ mit einem tiefen Vibrieren den Geruch von Dosenbier und Jägermeister im Klassenraum.

Die Schülerinnen und Schüler der Klasse fingen an zu schmunzeln und zu kichern. »…hund. Also, Schäferhund… Den hat er echt voll geliebt. Also, der mochte den total.« Hans-Peter war bewusst, was für einen Unsinn er von sich gab, konnte der Situation aber nicht entfliehen. »Der hat auch immer was zu fressen bekommen und so.« Wieder spürte Hans-Peter einen Druck in der Speiseröhre. Dieses mal bahnte sich keine Luft den Weg, sondern ein Brei aus Jägermeister, Köpi, Kleiner Feigling und Dosen-Ravioli. Der Versuch, sich darauf zu konzentrieren den Schwall Halbverdautes nicht vor der Klasse zu präsentieren, scheiterte. Hans-Peter spürte, wie sich der Mundraum füllte und die Massen nicht zu halten war. Durch Nase und Mund suchte sich der Mageninhalt seinen Weg. Die Klasse schrie. Die Mädchen fingen gleichwohl an zu würgen und die Jungens in der letzten Reihe lachten sich kaputt. Hans-Peter viel auf die Knie. Er spürte, wie seine Hose an den Stellen, an denen sie den Boden berührte, durch eindringende Nässe feucht wurde. Die Peinlichkeit dieses Augenblicks entstand langsam und überlagerte das dumpfe Gefühl in seinem Kopf. Während sich der Kopf senkte, schlossen sich die Augen und er wünschte sich an einen anderen Ort. Es vergang eine gefühlte Ewigkeit. Als er bereit war, sich der Schmach zu stellen, waren auch seine Augen wieder bereit, den Hohn seiner Mitschüler zu empfangen und öffneten sich.

Er stand vor der 10c – seiner Klasse. Die Schülerinnen und Schüler starrten ihn an: »Herr Schumann… Alles in Ordnung?!« Hans-Peter nahm seine Hände hoch, schaute sie sich von beiden Seiten an und guckte in die Klasse. Sein Gesicht überzog ein breites Grinsen: »Kinnas, alles in bester Ordnung… « Mit wippenden, fast rhythmischen Schritten ging er zum Pult. Setzte sich. Lehnte sich mit den Ellbogen auf das Pult. Legte die rechte Faust in die linke Hand und stützte mit den Händen sein Kinn. Ein Rundumblick durch die Klasse endete auf der Gruppen Jungs, die ihn auch wortlos anstarrte. Immer noch verweilte das breite Grinsen auf seinen Lippen. Mit leichtem Kopfnicken brummte er zur Klasse: »Weitermachen… Einfach weitermachen!«

Hans-Peter_Schumann-Marcel_Spitau-2015 zum Herunterladen als PDF

Gelesen: Unterm Rad – Hesse

Gelesen: Unterm Rad – Hesse

Hesse zeigt in dieser Erzählung, wie ein junger Mann systematisch seines Lebenswillens beraubt wird. Der Junge Hans ist ein begabter Schüler, der von seinem Vater von Gleichaltrigen fern gehalten wird, damit er sich zu einem guten Erwachsenen entwickeln kann.

Hans kann durch seine überdurchschnittliche Intelligenz und Auffassungsgabe das Seminar einer Klosterschule besuchen. Auch hier halten die Erwachsenen ihn für einen Überflieger und erwarten ein erwachsenes Verhalten, vergessen aber, dass er ein Jugendlicher ist, dem nicht in allen Lebenslagen die Ernsthaftigkeit des Lebens bewusst ist.

Nach und nach verändert sich das Bild der Erwachsenen auf den Heranwachsenden und dieser gerät immer mehr unters Rad, bis er die Klosterschule verlassen und zurück in sein Dorf muss. Hier nimmt er wahr, dass er kein Kind mehr ist und beginnt eine Lehre als Schlosser. Seine alten Schulkameraden machen sich nach seiner Rückkehr über ihn lustig.

Die Erzählung zeigt eine offensichtliche Kritik an dem Schulsystem und daran, dass die Erwartungen die an Jugendliche gestellt werden, bei weitem nicht so hoch sein dürfen, wie die, die an Erwachsene gestellt werden. Das ist sogar dann der Fall, wenn ein Jugendlicher sehr begabt ist. Auch dieser muss durch die Pubertät und seine Grenzen austesten. Die Strenge von Eltern und Lehrer scheint kontraproduktiv zu sein. Jugendliche brauchen ihre Freiräume und müssen lernen ihren Weg selbst zu beschreiten.

Subjektive Meinung: 2-

Forderungen an Lehrer!

Forderungen an Lehrer!

Ein AudioBoo eines Schülers lässt sich auf dem Weg zur Schule über die Medienkompetenz von Lehrerinnen und Lehrern aus. Er bringt Beispiele aus seinem schulischen Leben und fordert von den Kollegen mehr Medienkompetenz. Er bezieht sich da ganz stark auf Basiskompetenzen.1

Weiterhin spricht er über die „neumodischen“ elektronischen Tafeln, deren Einsatz nicht immer sinnvoll ist 😉

Grundsätzlich unterstreicht der Beitrag meine These: „Nicht alles was technisch machbar ist, ist sinnvoll.

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  1. Anschließen eines Beamers, Scrollen im Webbrowser etc. []
Ein omnipotentes Lesetagebuch

Ein omnipotentes Lesetagebuch

In zwei BVM-Klassen1, möchte ich in der nächsten Zeit eine Ganzschrift lesen. Damit das Ganze einen Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler hat, dürfen sie sich aussuchen, welches Buch sie lesen. In der Schule sollen die Schülerinnen und Schüler sowohl Zeit bekommen das Buch zu lesen, als auch Aufgaben dazu zu bearbeiten.

Ein Lesetagebuch

Als Idee kam mir an dieser Stelle, ein Lesetagebuch einzusetzen. Da ich das Buch, welches gelesen wird, im Vorfeld nicht kennen werde, kann ich mich weder inhaltlich, noch didaktisch oder methodisch auf die Arbeit mit dem Buch vorbereiten. Außerdem habe ich noch keine Erfahrungen mit einem Lesetagebuch sammeln können2 und habe da mal Lust drauf.

Meine Überlegungen gehen nun in die Richtung eines Lesetagebuchs, welches im Prinzip mit jedem Buch genutzt werden kann. Ich weiß noch nicht, ob das Ganze auch umsetzbar ist, werde es aber versuchen und würde mich über Kommentare, Hilfen und Hinweise von meinen Lesern und Leserinnen freuen. Ich habe begonnen, Ideen und Aufgaben in meinem Wiki zu sammeln.

Kopiertes oder eigenes Buch?

Noch bin ich mir nicht sicher, ob die Schülerinnen und Schüler ein eigenes leeres Tagebuch oder ob sie ein kopiertes, auszufüllendes Tagebuch nutzen sollen. Vor- und Nachteile gibt es in beiden Fällen. Günstig, gerade beim ersten Durchgang und um flexibel reagieren zu können, scheint es zu sein, dass die Schülerinnen und Schüler die Aufgaben auf Zetteln bekommen, die sie ins Buch kleben oder übertragen und dann bearbeiten.

Habt Ihr schon einmal mit einem Lesetagebuch gearbeitet? Wenn ja: Was habt Ihr für Erfahrungen, wenn nein, was hat Euch davon abgehalten?

  1. Berufsvorbereitende Maßnahme []
  2. Ich meine, ich habe mal eines in der sechsten oder siebten Klasse führen müssen, das Buch war: Die Insel der blauen Delphine, aber das war ja auf der falschen Seite 🙂 []